Die angehenden Meister der Pillnitzer Gartenbaufachschule gestalteten zu den Pillnitzer Gewächshaustagen am 4. und 5. März 2017 eine Ausstellung zum Thema „PFLANZEN brauchen/spenden RUHE“. Die 15 Fachschülerinnen und Fachschüler des Jahrganges 2016-2018 gehörten zu den Fachrichtungen Obstbau, Friedhofsgärtnerei und Zierpflanzenbau. Das Gesamtthema wurde durch die einzelnen Präsentationen fachspezifisch interpretiert und gestaltet.
René Block hatte zwei Mustergrabstellen aufgebaut. Neben einer vermeintlich pflegeleichten Ausführung mit viel Stein und Kies stand eine gärtnerisch gestaltete Grabstelle mit reichlich Grün. Die Besucher waren eingeladen, sich selbst eine Meinung zu bilden, von welcher Gestaltung für sie mehr Ruhe ausgeht.
Das Thema von Oliver Dahl waren naturnahe Hecken, die in der freien Landschaft vielfältige Funktionen erfüllen. Naturnahe Hecken dienen als Windschutz, der Nützlingsförderung und Verbesserung der biologischen Vielfalt. Zusätzlich liefern Sie auch Wildfrüchte. Neben Obstanlagen sind solche naturnahen Hecken ebenfalls wertvoll, wobei jedoch potentielle Wirtspflanzen für Krankheiten und Schädlinge der Obstbäume konsequent vermieden werden müssen.
Jasmin Döbel gestaltete ein „begrüntes“ Wohnzimmer, mit dem sie auf die vielfältigen positiven Wirkungen einer Innenraumbegrünung hinwies. Neben der Verbesserung der Raumluft bis hin zum Schadstoffabbau oder auch einer schalldämpfenden Wirkung hob sie die ästhetische Wirkung auf die Bewohner hervor. Nach einem stressigen Arbeitstag spendet ein begrünter Wohnraum Ruhe und Erholung.
Michael Dube hatte für sein Thema „Streuobstwiese“ Apfelbäume extra angetrieben, die nun Anfang März schon in voller Blüte standen. Wenn die Streuobstwiesen ihre historische Bedeutung als Hauptproduktionsform im Obstbau auch verloren haben, so werden sie heute als besonderer Landschaftsbestandteil und wegen ihres ökologischen Wertes hoch geschätzt.
Guido Fleischer wies auf das Ruhegebiet Friedhof als grüne Oase im urbanen Raum hin. Friedhöfe sind weit mehr als Orte der Bestattung und des Totengedenkens. Gerade in Städten sind es wichtige Räume der Erholung und einer besonderen Kommunikation zwischen den Besuchern. In einem auf kleinsten Raum gestalteten Erlebnispfad wurden steinbetonte Friedhofsanlagen neben solchen mit viel Grün für die Besucher der Ausstellung erlebbar.
Japanische Gärten haben eine besondere Formensprache. Dass sie dennoch rund um die Welt als Ruhepol verstanden werden, machte Eric Hellenberg mit seiner Präsentation deutlich. Mit Steinen, Kies und einer Minipagode gestaltete er eine Landschaft, in der blühende Azaleen und Kamelien ihre spezielle Ausstrahlung voll entfalteten.
Heiko Hübler vermittelte, wie in Obstanlagen im übertragenen Sinne durch Nützlinge Ruhe und durch Schädlinge Unruhe entsteht. Anschauliches Beispiel war ein vertrockneter Apfelbaum, den die Besucher anheben konnten, um eine Wühlmaus an den Wurzeln zu entdecken.
Mit der Aufforderung „Farbe bekennen“ warb Annett Koschmieder-Dittrich für eine bewusstere Farbgestaltung bei der Grabbepflanzung. Konkrete Pflanzbeispiele belegten verschiedene Grundprinzipien der Farbwirkungen, die an Modellen selbst ausprobiert werden konnten. Eine Kinderecke ermöglichte den Kleinen, sich beim Ausmalen mit dem Farbkreis bekannt zu machen.
Conrad Patella verdeutlichte, wie gerade bei kleinräumigen Gestaltungen, beispielsweise auf Gräbern, durch Formschnitt eine beruhigende Wirkung erzielt werden kann. Die Information, welches Gehölz wann und mit welchem Gerät geschnitten werden sollte, lieferte er gleich mit.
„Ohne Ruhe keine Blüte“ gilt für viele Pflanzenarten. Marcus Scheel demonstrierte das anschaulich für die Blumenzwiebeln. Im Focus stand wie die pflanzenphysiologischen Zusammenhänge im Gartenbau gezielt ausgenutzt werden, um zum gewünschten Zeitpunkt blühende Pflanzen in hoher Qualität zu haben.
Ursprünglich war es exklusives Wissen für japanische Adelsgeschlechter. Heute haben die Regeln des Feng Shui bei der Gestaltung von Wohnräumen und Gärten weite Verbreitung gefunden. Oliver Seidel demonstrierte Feng Shui in der Grabgestaltung beispielhaft an Mustergräbern für jeweils eine Frau und einen Mann bestimmter Jahrgänge.
Sören Theuner ging der Frage nach „Wie entsteht die Stille auf dem Friedhof“ und meinte damit die Ruhe im akustischen Sinn. Ein Friedhofsmodell zeigte zwei extrem unterschiedliche Gestaltungen mit und ohne Gehölze. Die akustischen Auswirkungen wurden für die Besucher über Kopfhörer erlebbar, welche die Geräuschkulissen von zwei solchen realen Situationen wiedergaben.
Wie Äpfel für eine Langzeitlagerung gezielt in Ruhe versetzt werden, zeigte Tobias Uhlig. Im Rahmen eines realistischen Kühlzellenmodells wurden die verschiedenen Möglichkeiten der Steuerung über die Temperatur und die Zusammensetzung der Lageratmosphäre demonstriert. Solche Lagerzellen sind zeitweise nicht mehr betretbar, sichern aber, dass frische Äpfel rund ums Jahr im Angebot sind.
Viele Pflanzen enthalten Inhaltsstoffe, die auf vielfältige Weise auf den Menschen beruhigend wirken. Madelaine Weigel stellte einige von ihnen vor. Vom Salbei beispielsweise gibt es buntlaubige Zierformen, in der Küche ist er Gewürz, als Tee oder Extrakt entzündungshemmende Medizin und als Bonbon ein Genussmittel.
Am Beispiel von Apfelkernen verdeutlichte Oliver Winkler, dass viele Samen Ruhephasen haben, die für eine hohe Keimfähigkeit beendet werden müssen. Lichteinwirkungen oder auch Kühlphasen sind bei einigen Arten wirksame Mittel. So wird in der Kernobstzüchtung das Saatgut stratifiziert, wobei es im leicht angequollenen Zustand gekühlt wird. Attraktive Beispiele für neue Äpfel- und Birnensorten an diesem Stand lockten viele Besucher an.
Viele lobende Worte der Besucher stärkten das berufliche Selbstbewusstsein aller Fachschüler. Für die besten Ausstellungsbeiträge hatte der Verband ehemaliger Dresden-Pillnitzer wieder Preisgelder ausgelobt. Schon am Vortag der Ausstellung fand deshalb unter Leitung von Wolfgang Friebel ein Bewertungsrundgang statt. Bei diesem stellten die Fachschülerinnen und Fachschüler ihre Ausstellungsbeiträge vor. Zur Ausstellungseröffnung am Sonnabend erfolgte dann die Auszeichnung der besten Präsentationen. Den 1. Preis erhielt Annett Koschmieder-Dietrich für ihren vielseitigen Ausstellungsbeitrag und ihren engagierten Vortrag zum Thema „Farbe bekennen“. Jeweils einen 2. Preis erhielten Tobias Uhlig und Sören Theuner für ihre tiefgründigen und anschaulichen Präsentationen zur „Lagerung von Äpfeln“ sowie zur Frage „Wie entsteht die Stille auf dem Friedhof?“.
Sören Theuner, Tobias Uhlig, Annett Koschmieder-Dittrich und Wolfgang Friebel, der Vorsitzende des Ehemaligenverbandes, bei der Preisverleihung
Die Pillnitzer Gewächshaustage haben als gemeinsame Tage der offenen Tür der im „Grünen Forum Pillnitz“ zusammenarbeitenden Einrichtungen eine lange Tradition. In den Pillnitzer Lehr- und Versuchsgewächshäusern informierten das JKI für Züchtungsforschung an Obst, die HTW Dresden und die Abteilung Gartenbau des LfULG zu ihren Forschungsprojekten und Bildungsangeboten. Natürlich konnte auch das Kamelien-Gewächshaus im Schlosspark besucht werden.
In den Gewächshäusern des LfULG standen Versuche zur ressourcenschonenden Produktion von Zierpflanzen. Bei Hortensien und Topfprimeln ging es um die Düngungsoptimierung bei der Kultur in torfreduzierten Substraten. Die energiesparende Zusatzbelichtung durch neue Leuchtmittel und eine intelligente Steuerung wurden bei Topfrosen und Edelpelargonien untersucht. Die blühenden Bestände beeindruckten die zahlreichen Besucher. In den Häusern der HTW gab es ein umfangreiches Sortiment an Zierpflanzen, moderne Gemüsekulturen und ein breites Themenspektrum studentischer Arbeiten zu bewundern. Beim JKI fand die Kirschessigfliege, eine zunehmende Bedrohung für alle rotfrüchtigen Obstarten, große Beachtung. Systematisch wird hier nach widerstandsfähigen Sortentypen gesucht. Informiert wurde auch zur Kirschzüchtung sowie zum Schnitt und zur Veredlung von Obstgehölzen.
Mit 3035 Besuchern erreichten die Pillnitzer Gewächshaustage am 4. und 5. März 2017 einen neuen Besucherrekord. Das zeigt das starke öffentliche Interesse und ist ein Erfolg der guten Kooperation im Grünen Forum Pillnitz.
Stephan Wartenberg
LfULG, Abteilung Gartenbau Dresden-Pillnitz, Referat Zierpflanzenbau