Jahreshauptversammlung mit Besuch der Meissener Spezialitätenbrennerei 2011

Auftakt der Jahreshauptversammlung 2011 war ein Besuch der Meissener Spezialitätenbrennerei in Reichenbach. Auftakt der Jahreshauptversammlung 2011 war am 24.09. ein Besuch der Meissener Spezialitätenbrennerei in Reichenbach. Die Brennerei befindet sich in einem ehemaligen Obstlager in Reichenbach, weinige Kilometer südlich von Meißen. Begrüßt wurde unsere leider nicht besonders große Gruppe vom Brennmeister Herrn Siegbert Hennig. Er ist der geistige Vater des kleinen Unternehmens und steht für die Ausrichtung und Qualität des Produktionsprogramms.

Die Herstellung von Obstbränden hat im Meißener Raum eine lange Tradition. Insbesondere durch den Streuobstanbau fiel Obst für die Brennerei an. Als zusätzliche Einkommensquelle durften Besitzer von Streuobstwiesen – rechtlich verankert im Branntweinmonopolgesetz von 1922 – in begrenztem Maße dieses Obst brennen und den gewonnenen Alkohol an die Bundesmonopolverwaltung verkaufen oder gegen Entrichtung einer Steuer selbst vermarkten. Diese Regelungen, die vorrangig in Süddeutschland heute noch gültig sind, konnten für das hiesige Gebiet bereits in der DDR nicht mehr angewendet werden und sind durch den Einigungsvertrag endgültig verloren gegangen.

Siegbert Hennig und Dr. Georg Prinz zur Lippe, die diese Tradition wiederbeleben wollten und in Verbindung mit dem Vertrieb des Weingutes Schloss Proschwitz auch gute Marktchancen sahen, entschieden sich deshalb im März 1998 zu einer Alternative, die zwar hohe Investitionen erforderte, aber auch eine relativ große Flexibilität in der Produktion ermöglichte – einer sogenannten Verschlussbrennerei.
Im ersten Teil der Besichtigung führte uns Herr Hennig ein wenig in die Welt der Spirituosen ein. Sicher kannte noch nicht jeder von uns die Unterschiede von zwischen Bränden, Geisten und Likören, die uns nicht nur theoretisch erläutert, sondern durch kleine Proben auch geschmacklich nähergebracht wurden. Herr Hennig räumte auch schnell mit der verbreiteten Auffassung auf, dass man Obst, wenn sich nichts Vernünftiges sonst damit anfangen lässt, immer noch brennen kann.

Auch hier gilt, dass ein qualitativ hochwertiges Produkt nur bei entsprechender Qualität der Rohstoffe entstehen kann. In erster Linie sind hohe Zuckergehalte und voll ausgeprägte Aromen wichtig – Anforderungen, die moderne Sorten häufig nicht ausreichend erfüllen. Die sächsischen Obstbaubetriebe, deren Produktion auf Tafelobst ausgerichtet ist, sind deshalb für die Brennerei nur begrenzt ein geeigneter Partner. Vielmehr hat sich Herr Hennig in den letzten Jahren ein Netz kleinerer Lieferanten aufgebaut, die speziell für seine Bedürfnisse produzieren. Neben der Qualität gehört zur Philosophie der Brennerei auch eine gewisse Experimentierfreude. Hierfür stehen z. B. Produkte wie „Meissener German Porter Bierbrand“, „Meissener Spargelgeist“ oder „Dresdner Stollenlikör“. Im zweiten Teil der Führung wurden wir mit den Besonderheiten einer Verschlussbrennerei vertraut gemacht. Der Name leitet sich davon ab, dass der Brand in einer verplombten Anlage gewonnen und gelagert wird und für den Brenner zunächst unzugänglich – also unter Verschluss – bleibt. Die Plomben dürfen nur von der Zollverwaltung geöffnet werden, die dabei exakt die Menge des hergestellten Alkohols feststellt und die sogenannte Branntweinsteuer erhebt. Diese beträgt 13,03 EUR / Liter Reinalkohol. Interessant und manchmal auch amüsant waren die Erläuterungen zur technischen Ausführung der Anlage. Befindet sich die Brennanlage wie häufig üblich in einer gesonderten Einhausung, so dürfen z. B. alle Schrauben nur von innen zu öffnen sein. Arbeiten direkt an der Anlage dürfen nur unter Aufsicht eines Zollbeamten ausgeführt werden, wobei für diese Tätigkeit eine Gebühr zu entrichten ist. Deutlich wurde, dass das Brennen nicht nur ein Produktionsverfahren zur Herstellung eines Genussmittels schlechthin ist, sondern eine mindestens ebenso gewichtige, bürokratische Seite hat. Zum Abschluss der Führung bekamen wir noch einen Überblick über die Produktpalette der Brennerei. Sie umfasst neben teilweise sortenreinen Apfel- und Birnenbränden bis zu Himbeer-, Schlehen- und Walnussgeisten auch Pralinen und Fruchtaufstriche. Nach rund zwei Stunden mit anregenden Informationen und überzeugenden Produktproben verabschiedeten wir uns von Herrn Hennig in der Überzeugung, dass die Meissener Spezialitätenbrennerei ein bemerkenswertes kleines Unternehmen ist, das sich mit Erfolg der Genußkultur unserer Region verschrieben hat.

Bei der nachfolgenden Jahreshauptversammlung in der Plossenschänke in Meißen konnte Herr Friebel auf eine kontinuierliche Arbeit des Verbandes im vergangenen Jahr zurückblicken. Wie immer war die Unterstützung der Schüler und Studenten ein wichtiges Anliegen, dem vor allem durch die Zahlung von Zuschüssen zu den Exkursionen Rechnung getragen werden konnte. Die finanzielle Lage des Verbandes stellte Herr Engelhardt vor. Hier ist erfreulicherweise eine stabile Situation zu verzeichnen. In der Diskussion sprachen sich die Anwesenden dafür aus, im kommenden Jahr eine Exkursion in den Botanischen Garten Berlin-Dahlem durchzuführen. Außerdem steht das 90jährige Jubiläum der Gründung der Höheren Staatslehranstalt für Gartenbau Pillnitz an, das am 6.7.2012 im Rahmen einer Festveranstaltung begangen werden soll.

 

Spiritousen – ein kleiner Exkurs

Spirituosen: alkoholische Getränke mit einem Mindestalkoholgehalt von 15 Vol. %
Obstler, Obstbrand: Spirituose, die aus vergorenen Früchten mittels Brennen (Destillation) hergestellt wird. Der Mindestalkoholgehalt beträgt 37,5 Vol. %.
Brände: Die Früchte werden eingemaischt, die vergorene Maische wird destilliert. Das Ver-fahren erfordert, um wirtschaftlich zu sein, einen ausreichenden Zuckergehalt der eingesetzten Früchte. Am meisten verbreitet unter den Obstbränden sind Apfel-, Birnen-, Pfirsich- und Kirschbrände. Kirschbränden werden in der Regel als Kirschwasser bezeichnet.
Geiste: Bei Früchten, die zwar viele Aromen aber für eine wirtschaftliche Destillation zu-wenig Zucker enthalten, wird zu den zerkleinerten Früchten Alkohol zugegeben, der über mehrere Wochen die Aromen herauslöst. Das Gemisch wird anschließend gebrannt. Bekann-testes Beispiel ist der Himbeergeist.
Likör: Spirituosen, die mindestens 100 g Zucker / Liter enthalten und auf unterschiedli-chem Wege aromatisiert wurden. Häufig werden einem geschmacksneutralem Alkohol Früch-te oder Fruchtsaft und Zucker zugegeben, wodurch der Alkohol die Aromen herauslöst. Im Gegensatz zum Geist wird aber nicht noch mal gebrannt, die Abtrennung von Fruchtbestand-teilen oder Rückständen der zur Aromatisierung eingesetzten Stoffe erfolgt durch Filtration.

Dr. Ingolf Hohlfeld
Geschäftsführer